Zuletzt aktualisiert am 15. März 2021
Freitag 09:00 Uhr die Ausrüstung liegt seit gestern gepackt im Hausflur und ich? Ich warte auf meine Mitfahrgelegenheit und freue mich schon riesig auf das bevorstehende Wochenende. Denn es geht endlich auf den Karwendelmarsch.
Ab nach Scharnitz
Wie schön wenn man gute Freunde hat, die bei drei, ok es waren mindestens vier Bier, noch Ideen von einem super finden. Wenn das im vergangenem November bei unserer Mountainbiketour anders gewesen wäre, würde ich heute nicht bei Julia und Frank mit im Auto sitzen.
Auf der knapp sechs Stunden langen Anreise aus dem Süden Hessens haben wir jede menge Zeit die Renntaktik ausführlich zu besprechen. Wetter Apps werden geöffnet, gecheckt, geschlossen und gefühlt keine 30 Minuten später wieder geöffnet. Die Verpflegungsfrage diskutieren wir natürlich auch. Ich gebe zu, eine Woche vor Rennbeginn zu überlegen was man so auf die 52 km mitnehmen soll ist vielleicht doch etwas spät gewesen. Wobei ich jetzt nach dem Rennen sagen kann es hat gepasst.
Das Herz hüpft
Die Zeit vergeht mit unseren Planungsspielen total fix und dann sind wir tatsächlich da. Scharnitz – Start des Karwendelmarsch, unseres Karwendelmarsch. Das Herz hüpft bereits jetzt schon vor Aufregung. schnell die Sachen in die Unterkunft geworfen und schon stehen wir an der Startnummernausgabe. Meine erste Startnummer seit einer halben Ewigkeit. Sehr cool.
Private Pastaparty am Abend
Nach unserem Rundgang inklusive Hangboard-Contest am Salewa Stand geht es auf die Suche nach etwas essbarem. Scharnitz ist rasch abgelaufen und so entscheiden wir uns ein paar km zurück nach Mittenwald zu fahren.
Mein letzter Besuch in dem charmanten Ort mit seinen liebevoll bemalten Häusern liegt auch schon wieder ein paar Jahre zurück. Damals waren wir hier um eine klimaneutrale Funktionsjacke herzustellen. Aber das soll heute natürlich nicht das Thema sein.
Packen und sch….die Hose klemmt
Wohl genährt kommen wir zurück in unsere Unterkunft und verabschieden uns in die Nacht.
Den leichten Laufrucksack hatte ich eigentlich daheim schon gepackt. Eigentlich, denn ich Räume ihn wieder um und lege die Laufklamotten für morgen bereit. Die Hose auch noch ordentlich festgezogen und fertig! Dachte ich, denn der Hosenbund ist jetzt zu eng und klemmt. Irgendwie habe ich es doch raus geschafft und falle ins Bett.
Startschuss des Karwendelmarsch 2019
Der nächste Morgen. Es ist 04:45 Uhr der Wecker klingelt, gebraucht hätte ich ihn eigentlich nicht. Gefühlt bin ich schon seit einer Stunde wach. Gut, schnell ins Bad gestolpert ein bisschen Wasser ins Gesicht, Flüssignahrung runter gekippt und die Kauleiste geschrubbt. Frank wartet schließlich schon am Frühstückstisch. Essen und einen Kaffee lasse ich lieber aus.
Wir besprechen was wir schon etliche Male besprochen haben, doppelt, dreifach, vierfach hält eben besser und müssen bei den Fragen der Tischnachbarin mit dem Kopf schütteln. Etwas verplant die gute Frau aber ok. Ein Blick auf die Uhr, Augenkontakt, Kopfnicken, los geht’s.
Jetzt bekomme ich schon ein bisschen Gänsehaut mein Freund
Frank
Draußen vor der Tür schalt bereits der Sprecher aus dem Startbereich zu uns hoch. Im Dunkeln tappen wir genau dorthin, zum Start des Karwendelmarsch 2019.
Kurz vor dem Torbogen auf der großen Wiese sammelt sich alles, wir sind natürlich mittendrin. Links, rechts, vorne, hinten 2500 mehr oder auch weniger ambitionierte Trailläufer und Wanderer, die sich in wenigen Minuten quer durchs Karwendel schlängeln.
Die Spannung auf das was gleich kommt steigt immer weiter und dann PENG, PENG……ist es soweit wir starten.
Mitschwimmen im Hauptfeld
Raus aus dem Ziel, hinein in den Naturpark Karwendel. Wir schlängeln uns am ersten kleinen Anstieg an einigen Leute vorbei, werden aber mindestens von doppelt so vielen Läufern überholt. Einen Großteil sehen wir schon bald wieder aber jetzt lassen wir Sie rennen. Schneller könnten wir allemal aber der Kilometerzähler 51, 50, 49…. bremst uns von ganz allein. Wir müssen uns immer wieder vor Augen halten was da noch vor uns liegt.
Dann ist es soweit. Im Vorfeld habe ich viel von dem Moment gelesen wenn die Sonne aufgeht. Der Morgentau glitzert, langsam steigt der Dunst aus den Wiesen. WAHNSINN!
Wir kommen gut voran und erreichen ohne Probleme die erste Verpflegungsstation am Schafstallboden. Hier können wir schon grob erkennen das die Hälfte unseres Proviants auch gereicht hätte. Halb so wild, Gummibärchen die auch noch Kraft geben gehen doch eigentlich immer. Gut weiter geht die wilde Fahrt, denn bisher waren die Schwierigkeiten doch überschaubar. Fast so wie daheim im Taunus denke ich mir und schaue mit einem breiten Grinsen an die orange leuchtenden Gipfel.
Irgendwo da hinten müsste doch auch die westliche Karwendelspitze sein überlege ich, lasse den Gedanken aber doch recht schnell wieder fallen. Denn jetzt kommt der erste knackige Anstieg hinauf Richtung Karwendelhaus. Technisch auch keine große Hürde, das Herz in der Brust wummert allerdings schon ziemlich flott. Wir nehmen einen Gang raus und laufen von nun an mit Stöcken in der Hand.
Die Stimmung im Teilnehmerfeld um uns herum ist großartig. Auch jetzt bei knapp 20 Kilometern schauen wir in fröhliche Gesichter.
Diese Ausrüstung war auf dem Karwendelmarsch mit dabei
Krachen lassen
Der erste Downhill steht an. Meine Güte macht das Laune über den holprigen Pfarrweg nach unten zu sprinten. Hier und da gilt es gezielte Ausweichmanöver einzuleiten, weil der ein oder andere Helfer auf dem E-Bike an dieser Stelle unterwegs ist oder man sich an verwirrten Kühen, die mitten auf dem Weg stehen, vorbei schlängeln muss.
Den Streckenabschnitt lasse ich vielleicht einen Tick zu schnell hinter mir und laufe an der Labestation (wie es hier so schön heißt) Ahornboden ein. Bei meinem Tankstopp treffe ich lustigerweise André. Im Taunus haben wir das nie hinbekommen und jetzt sieht man sich hier auf dem Karwendelmarsch. Wie klein die Welt doch ist.
Die Falkenhütte wartet
Wir sind wieder zusammen und gehen das nächste Ziel an. Die Falkenhütte wartet bereits auf uns, ein Sparziergang wird das aber nicht. Vom Ahornboden weg laufen wir in einer traumhaften Kulisse unterhalb des Hochjöchl und der Kaltwasserkarspitze bis wir um die Ecke biegen und von einem dichten Waldstück verschluckt werden. Der Weg ist schmal. Überholen, wenn überhaupt nur an wenigen Stellen möglich. Wie an einer Perlenkette geht es weiter hinauf bis wir den Wald schließlich hinter uns lassen.
Die Sonne knallt uns nun erbarmungslos auf die Brezel. Es wird warm. Alleine durch die anhaltende Steigung würde die Schweißproduktion gehörig angekurbelt aber gut, wenigstens ist es von hier nicht mehr weit.
Wir steigen weiter auf, überholen ein paar „normale“ Wanderer, die uns mit ihren zweideutigen Anfeuerungsrufen etwas nerven. Aber egal denn wir sehen oben auf der Kante die Hütte am zweithöchsten Punkt des heutigen Tages und schon haben wir 30 km geschafft.
Ziel eins
Nach der kurzen Verpflegungsaufname setzen wir uns wieder in Bewegung. Unsere Nervigen Freunde von eben sind auch wieder da und geben uns noch wichtige Ratschläge für den Rest des Karwendelmarsch mit auf den Weg. Einfach nur nervig.
Die gute Tat für heute wird auch erledigt. Wir helfen einem Hund wieder rauf auf den Weg. Er hat kurz zuvor Bekanntschaft mit dem Elektro Zaun der Kuhweide gemacht.
Jetzt wird wieder gelaufen und wie. Ein weiterer kurzer Downhill bringt uns im Schatten der Laliderer.- und der Dreizinkenspitze auf einen leicht ansteigenden Quergang durch das Spielissjoch. Ein genialer Augenblick.
Mit der riesigen Wand im Rücken laufen wir über einen technischen Trail flink bergab und biegen auf die Zielgerade in der Eng.
Ein Teil von uns hat es für heute geschafft. 35 km eine super Leistung.
Ein elend langer Anstieg
Für Frank und mich geht es jetzt auf die restlichen 17 km. Es wird fies richtig fies. Gute 500 Höhenmeter haben wir jetzt noch vor uns und es werden die ekligsten des heutigen Tages. Bereits auf der steilen Forststraße hinauf zur Binsalm lassen wir auch dank der nun erbarmungslos brennenden Sonne einige Körner liegen.
Es wird aber noch „SCHÖNER“!
Ein Blick nach oben zum Binssatel, mit seinen 1.903 m auch gleichzeitig unser höchster Punkt des Tages, verrät das wird ein hartes Stück Arbeit. Aber es hilft ja nix und so reihen auch wir uns in die Karawane ein. Serpentine um Serpentine schrauben wir uns schleppend den Weg nach oben. Kurzer Check zwischen uns ob noch alles passt. Ich meine nur jetzt könnte dieser elend lange Anstieg doch auch mal fertig sein. Dann ist es soweit wir biegen um die Ecke, steigen über den Sattel und haben nur noch gute 10 km im Abstieg vor uns.
Die letzten 10 km
Die Gramaialm passieren wir nach einem Beweisfoto und erfrischten Waden. Danke an den Bergwachtler, es war ein Traum. Der Abstieg wird uns als knackig verkauft und ja das erste Stück kitzelt nochmal alles aus den müden Knochen heraus.
Im Talschluss angekommen sind es noch 8 km bis zum Ziel. Das Anlaufen wird zunehmend schwerer, die Laune ist aber nach wie vor prächtig. Diese wird allerdings kurze Zeit später etwas getrübt als wir die unbefestigten Wege verlassen und den Rest des Karwendelmarsch auf Asphalt laufen müssen.
Glücklicherweise gab es an der Falzturn Alm noch einen Zaubertrank in Form von Obstler. Auf einmal wurden wir von einem ambitionierten Quartett überholt. Auf unsere Frage warum Sie es denn jetzt noch so eilig hätten kam nur zurück, dass Sie unter 10 Stunden bleiben wollen. Wir schauen uns an winken ab und sehen dann das unsere Uhren uns zeitlich ein wenig geblendet haben.
Auch wir versuchen jetzt fast panisch wieder eine ordentliche Pace zu laufen, holen sogar das Quartett ein, müssen jedoch nach einer kurzen Hochrechnung einsehen das eine Zeit unter 10 Stunden für uns heute nicht mehr drin ist.
Wir sind da
Das Schild für den letzten Kilometer ist passiert, wir laufen auf die Zielgeraden hinunter und werden noch ein Stück von Julia begleitet, die uns Richtung Achensee peitscht. Wir biegen in das schmale Spalier aus Absperrzaun und Zuschauer ein, rempeln uns an Zwei weiteren Teilnehmern vorbei und dann……ist es geschafft.
Ich habe plötzlich eine Medaille mit der 52 um den Hals baumeln. Frank kommt auf mich zu, wir umarmen uns und sind tatsächlich im Ziel des 11. Karwendelmarsch 2019.
Unser Karwendelmarsch im Video
Zurück in der Heimat
Was bleibt sind grandiose Erinnerungen an einen Tag der seinesgleichen sucht.
Egal ob groß oder klein, ob dick oder dünn, Mann oder Frau, Laufprofi oder Wanderbegeisterter, beim Karwendelmarsch sind am Ende ALLE Sieger.
beim Karwendelmarsch sind ALLE Sieger.
Karwendelmarsch in Zahlen
- Start: Scharnitz (967 m)
- Höchster Punkt: 1.903 m
- Höhenmeter im Aufstieg: ca. 2.281 m
- Ziel: Pertisau am Achensee (932 m)
- Teilnehmer: 2500
- Schnellste Zeit (2019) 35 km: 3:18:29
- Schnellste Zeit (2019) 52 km: 4:17:55
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2 Comments
Klasse Wanderung. Ich war schön öfter in Österreich wandern (vor allem rund um den Rofan und Bärenkopf). So einen Marsch wie ihr würde ich mich wohl nicht trauen. Da wäre ich auf halber Strecke versauert… 😉
Ja das ist schon eine super Veranstaltung. Auf (fast) halber Strecke bei km 31 kannst du ja tatsächlcih aussteigen! 😉