Zuletzt aktualisiert am 24. November 2023
Ich wälzte mich im Schlafsack hin und her! Endlich klingelt der Wecker, das Ziffernblatt zeigt irgendwas mit kurz nach 4 Uhr. Langsam regt sich auch was bei meinen beiden Seilgefährten. Im Lichtkegel unserer Stirnlampen wühlen wir uns aus den Schlafsäcken und packen so leise wie es eben geht unsere Ausrüstung zusammen. Wir stolpern ins Freie und verlassen das Ostwandlager des Watzmann.
So hätten wir klassischerweise starten können aber es kam dann doch anders.
Es geht endlich los
Halb sieben, der Wecker schmeißt uns aus dem Bett. Der erste Blick geht rüber zum gepackten Rucksack, der neben der Eingangstür lehnt. Hab ich alles dabei? Es scheint mir so wenig. Egal, jetzt heißt es erstmal frühstücken, schließlich müssen wir bald los. Gegessen wird nicht gerade viel, geredet wird noch weniger. Die Anspannung vor unserer großen Tour können Philipp und ich nicht verstecken.
Wollen wir da jetzt gleich wirklich hinfahren? Sind wir fit genug? Was packen wir noch an Proviant ein?
Ein schneller Blick auf die Uhr verrät, wir müssen uns beeilen. Also den letzten Schluck Kaffee in den Nacken gekippt, Rucksack geschultert und los geht’s zum Königssee.
Mystische Fahrt über den Königssee
Am Parkplatz angekommen werden wir mit einem breiten Grinsen von Toni unserem Bergführer begrüßt. Philipp bekommt noch seine Ausrüstung und schon springen wir in unser schaukelndes Wassertaxi. Tonis rechter Fuß nimmt beim Anschieben des Bootes, zur Belustigung aller, noch ein unfreiwilliges Bad. Später werden wir feststellen das auch wir an diesem Tag nicht trocken bleiben.
Jetzt wo alle Platz genommen haben, schießen wir mit vollem Tempo über den Königssee Richtung St. Bartholomä.
Der kalte Fahrtwind weht uns ins Gesicht, die Wolken hängen heute extrem tief, man kann keine 50 m nach oben schauen. So eine mystische Stimmung habe ich so bisher am Königssee noch nicht erlebt. Mit uns auf dem Boot sind noch vier weitere Bergsteiger. Zwei sollten wir heute noch öfter treffen, die anderen beiden überlassen uns den Watzmann und haben andere Ziele.
Bereits jetzt am frühen morgen ist die Stimmung in unserer kleinen Seilschaft sensationell. Wir sind schwer am rumblödeln, erzählen dummes Zeug und das wird sich auch bis zum Abend nicht mehr ändern.
Raus aus dem Nebel
Wir legen in St. Bartholomä an. Hüpfen aus dem Boot (diesmal ohne nass zu werden) und starten direkt durch. Immer den Schildern zur Eiskapelle folgend kommen wir auch am Ostwandlager vorbei. Es sieht wirklich nicht gerade einladend aus. Ich freue mich kurz in mich hinein das wir in einem normalen Bett die Nacht verbracht haben. Weiter geht’s.
Ein kurzer stiller Moment kehrt ein, während wir durch den Herbstwald dem Weg zu unserem Einstieg folgen. Bereits nach der St.Johann und Paul Kapelle macht sich der Puls bemerkbar. Puh ist das warm. Die Daunenjacken verschwinden kurz darauf in den Tiefen des Rucksacks und die anfängliche Ruhe wird nun durch unsere Unterhaltung abgelöst.
So stolpern wir weiter durch die Nebelsuppe und haben unseren Spaß. Während wir so dahin schlendern lichtet sich der Nebel und der Watzmann taucht plötzlich auf. Der erste Blick in die gewaltige Ostwand. Einfach nur überwältigend.
Das ist nicht gut, gar nicht gut
Toni zeigt in etwa den Weg, den wir jetzt durch die Wand vor uns haben. Dann wird unsere Abenteuerlust durch ein dumpfes Wummern gestört. Ein Heli biegt um die Ecke und fliegt über uns hinweg. Kein gutes Zeichen. Leider werden wir später erfahren das der Unfall auch alles andere als gut ausgegangen ist.
Wir diskutieren und malen uns aus was da an der Unfallstelle, die wir nun auch sehen, passiert sein kann. Später am Abend werden wir es genau wissen.
Rein in die Ostwand
Wir marschieren weiter in Richtung Einstieg. Bis wir aber dort ankommen, stehen uns noch ein paar Aufschwünge durch Latschen und ein langer Quergang über nassen, rutschigen Fels bevor.
Ok, hier gehts auch schon gut steil nach oben denke ich mir, wohl ahnend was da gleich noch auf uns zukommt. Dann ist es endlich soweit, wir laufen aus dem Schatten auf ein Schuttkar und stehen in der Sonne am Einstieg der Ostwand.
Pinkelpause, lange Hose aus, kurze Hose an, in den Klettergurt geschlüpft, Karabiner dran jetzt geht’s an den warmen Fels.
Rampen, Rinnen, Aufschwünge
Wir stürzen uns mit einem freudigen kribbeln im Bauch in die erste Rinne. Der Fels ist großartig aber man merkt hier bereits das nicht jeder Stein bombenfest sitz. So kraxeln wir über Rampen, nehmen hier und da einen Aufschwung und schieben uns immer weiter die Wand nach oben.
An einer glatten Platte kommt dann auch das Seil zu seinem ersten Einsatz.
Wie viel Menschen wohl schon an diesem Ringhaken aufgestiegen sein müssen. Auch hier halten wir uns nicht lange auf. Ziehen das Seil ein und steigen unserem Bergführer gewissenhaft nach.
Was purzelt denn da den Watzmann runter
Wir liegen prima in der Zeit und unser Tempo ist auch im weiteren Verlauf nicht übel. Die anderen Seilschaften, die mit uns diese tolle Route teilen stören kein bisschen. Ich zähle auch nur drei und die sind irgendwo weit voraus. Mal abgesehen von unseren Mitfahrern vom Boot, die wir immer wieder sehen.
Wer so flott unterwegs ist hat sich eine Pause verdient. Die legen wir auf einer Wiese in der Wand ein. Eins zwei Riegel finden den Weg in meinen Magen, Philipp haut ganz gut rein, was ihm später auch etwas zu schaffen macht.
Outdoor-Adventskalender 2023
1. Türchen
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Schreib unter diesen Beitrag von der Watzmann Ostwand in die Kommentare was dein letztes großes Abenteuer war.
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Türchen ist vom 03.12. – 06.12.2023 geöffnet.
Hier gibt es nochmal die Teilnahmededingungen zum Outdoor-Adventskalender.
Zwei Bergsteiger tauchen unter uns auf. Flink unterwegs, stehen Sie kurz darauf neben uns. Die Zwei sind in der Früh in München gestartet um die Ostwand zu machen und anschließend direkt wieder heim wollen. Nicht übel wenn das Alltagsbasislager solche spontanen Ausflüge zulässt. So schnell wie sie kamen sind sie dann auch wieder verschwunden.
Leider kam dann noch ein unfreiwilliges Abschiedsgeschenk von den Beiden in unsere Richtung geflogen.
Steinschlag!
Toni ging zur Seite, die Steine sausen an uns vorbei und verschwinden in der Tiefe.
Weiter geht’s
Die Pause ist rum und hat uns beiden nicht wirklich gut getan. Philipp wäre gerne länger sitzen geblieben und ich brauchte nun wieder ein bisschen um meinen Rhythmus zu finden. Egal, wir Klettern weiter durch die Watzmann Ostwand. Schließlich liegt noch ein weiter Weg vor uns.Rotes Ding an grauer Wand
Irgendwann kommt auch dieses orangene Ding in Sicht. Die Biwakschachtel. Hier wollte ich schlafen? Gut das Toni uns diesen Floh ausgeredet hat.
Wobei? Ein Sonnenuntergang hier oben ist bestimmt der Knaller, allerdings holt mich der intensive Uringeruch wieder aus meinem Tagtraum zurück.
Nicht mehr weit
Die Kletterei ist überragend. Zum Glück haben wir einen Ortskundigen dabei.
Sich hier in der Wand zu orientieren ist wirklich eine Herausforderung für sich. Keine Anhaltspunkte in Form von Steinmännchen oder speckigen Felsen auszumachen, von Markierungen ganz zu schweigen.
Ich habe mir im Vorfeld mehrfach versucht das Topo einzuprägen. In der Wand jedoch habe ich irgendwann aufgehört nach bekannten Abschnitten in meinen Gedächnis zu kramen. Nach dem dritten Mal fragen ob das nun die Wasserfallwand sei habe ich es aufgegeben.
Ein Wiedersehen mit der Südspitze
Ein letzter Aufschwung durch die Ausstiegsrisse und zack stehen wir oben. Na klar bei dem Wetter sind wir natürlich nicht alleine. Die Pilgerstrecke oder eigentlich Watzmannüberschreitung ist auch heute wieder von Bergbegeisterten stark frequentiert. Das kann man aber auch niemanden Verübeln.
Bergheil!
Der Aufstieg über den Berchtesgadener Weg durch die Watzmann Ostwand ist geschafft. Diese Aussicht, Dieses Gefühl unbeschreiblich.
Runter vom Berg
Irgendwann ist auch der schönste Gipfelaufenthalt zu ende. Wir verlassen die Südspitze und müssen uns den Weg nach unten durch das Geröllfeld bahnen. Der Anfang macht noch Spaß. Da kann ja auch noch abgeklettert werden aber dann wird es unschön.
Irgendwie hatte ich den Abstieg anders in Erinnerung.
Mühsam Bahnen wir uns den Weg durch das Schuttkar. Immer wieder legen wir Sprintpassagen ein um das lose Geröll im Eiltempo hinter uns zu lassen. Erinnerungen an die Zeit bei den Gebirgsjägern kommen da unweigerlich auf.
Dann ist es vollbracht. Wir sind unten, was man halt so unten nennen kann. Schließlich ist der Weg raus aus dem Grieß noch gute 2 1/2 Stunden. Während wir auf Philipp und seine lädierten Knie warten, genießen Toni und ich diese einzigartige Landschaft.
Schön dass wir die Berge in Deutschland noch so erhalten können.
schwärmt der Bergführer
Ich will mir nicht ausmalen wie es aussehen würde wenn wir den Alpenplan nicht hätten!
Der (eigentlich) lange Weg zurück
Kurze Zeit später ist unsere Seilschaft wieder vereint und läuft mit den letzten wärmenden Sonnenstrahlen in der Wimbachgrießhütte ein.
Der Flüssigkeitshaushalt wird recht fix mit Spezi und ner Halben aufgefüllt, wir müssen ja auch noch irgendwie raus aus dem Tal. Die ersten Tische links und rechts neben uns lösen sich auf und machen sich mit einem „Servus, Pfiat euch“ auf den Weg.
Wir werden sie alle heute noch wiedersehen und mit staunenden Gesichtern hinter uns lassen. Warum? Das bleibt ein kleines Geheimnis. So viel sei verraten, ich war noch nie so schnell wieder zurück an der Wimbachbrücke wie heute.
Dort wartet auf uns bereits Tonis Schwiegervater, der dankenswerterweise den Taxifahrer zurück zum Königssee spielt.
Zurück am Königssee
Und da sitzen wir nun wieder am Königssee am Echostüberl. Das Weißbier schmeckt herrlich und unser Schnitzel findet auch genug Platz im leeren Magen. Wir quatschen noch ein bisschen über den grandiosen (sensationellen, genialen, überragenden) Tag in der Watzmann Ostwand. Als Philipp und Toni beide ihr Handy am Ohr haben, schießen mir kurz ein paar Gedankenfetzen durch den Kopf.
Ist das hier nicht ein herrlicher Platz. Was mir hier schon alles passiert ist und was ich hier schon alles erlebt habe.
Eigentlich sind es die tollsten Geschichten
(abgesehen von Kind 1&2.0) in meinem Leben die ich mir vorstellen kann.
Wir bezahlen und verlassen das Echostüberl, den Königssee und am nächsten Tag auch den Watzmann und Berchtesgaden. Es geht wieder heim.
Auch wenn wir einen sensationellen Tag in der Watzmann Ostwand hatten, muss das nicht heißen dass es hier immer so reibungslos zur Sache geht.
Über 100 Opfer zählt die Ostwand schon. An diesem Tag kam leider ein weiteres hinzu.
Fakten zur Watzmann Ostwand – Berchtesgadener Weg
- Wandhöhe: 1800 m
- Kletterlänge: 3000 m
- Gesamthöhe: 2130 hm (gemessen bei unserer Tour)
- Schwierigkeitsgrad: bis 3+
- Gesamtzeit mit Abstieg durch das Wimbachgrieß: 10 – 14 Std.
Nützliche Links
- Topo: von bergsteigen.com unbedingt anschauen.
- Wenn ihr einen Bergführer braucht, dann solltet ihr unbedingt bei Guido und Toni von der Alpinschule Rock ’n Roll mal reinschauen.
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6 Comments
Steht lang auf der Liste. Liest sich fluffig. 🙂
Nur das mit dem Sonnenuntergang kann in der Ostwand auch nur schwer klappen. Mehr als Alpenglühen am Göll wird schwierig.
Danke Andreas,
ja so einen richtigen Sonnenuntergang wird man schwer in der Wand bekommen. Ich meinte das auch eher im Context mit einem Biwak in der Wand.
Mein letztes großes Abenteuer war natürlich die großartige, sonnige Tour aufs Hohe Brett!! Einzigartige Ausblicke und herausfordernde Anstiege.;)
Das war eine Mehrtätige Tour durch das Kleinwalsertal
Mein letztes Bergabenteuer war die Tour über die Rote Flüh und den Friedberger Klettersteig zum Schartschrofen
Es muss gar nicht immer die große Tour sein. Oft sind es die kleinen Abenteuer, zB letztens ein paar Tage auf der schwäbischen Alb und mal neue Gegenden erkunden. Ist ein super tolles Fleckchen 😊.