Zuletzt aktualisiert am 6. Juni 2023
Lang, lang ist’s her genauer gesagt 15 Jahre als ich das letzte mal etwas mit Hochtouren zu tun hatte. Die Anfrage ob ich nicht bock hätte zusammen mit fünf weiteren Bloggern beim Hochtourenwochenende der ORTOVOX Safety Academy in Obergurgl mit zu machen, traf mich aus heiterem Himmel. Eine tolle Gelegenheit erlerntes wieder aufzufrischen und Neues zu entdecken. Also nix wie hin!
Zum warm werden – Stuiben Trailrun
B
ei so einer langen Anfahrt in die Alpen muss man sich schon etwas einfallen lassen, damit die Zeit in den Bergen perfekt genutzt werden kann. Dennis von abenteuersüchtig hatte die Idee. Warum nicht zum warm werden die 12 km Strecke des Stuiben Trailrun in Angriff nehmen.
Warm war uns nach dem Trail tatsächlich, obwohl das Wetter noch nicht so der Knaller war. Das sollte sich aber in den nächsten Tagen in Obergurgl ändern.
Ankunft in Obergurgl
Die Laufsachen sind wieder im Kofferraum verwunden, sämtliche Kekse wurden vernichtet und schon geht’s weiter das Ötztal rauf nach Obergurgl. Im Hotel Alpenaussicht angekommen werden wir von Ronald und seiner Frau Christiane herzlich empfangen.
Die Zimmerkarte geschnappt und fix aufs Zimmer, denn bis zum Abendessen ist es nicht mehr lange.
Dann trudeln sie allmählich ein, die restlichen Alpinblogger. Denn wir dürfen ja das Wochenende mit Foto und Video begleiten.
Der erste Tag des Hochtourenkurses
Der erste Tag startet wie es auf einer Hochtour eben ist. Der Wecker reißt einen unsanft aus dem Schlaf, im Schein der Stirnlampe schält man sich aus dem Schlafsack, immer auf der Suche nach seinen sieben Sachen.
Ähhhhm halt Stopp!
Irgendwas ist bei diesem Hochtourenkurs doch anders. Der Wecker klingelt zwar aber ich liege im weichen Bett, die Vögel zwitschern zum Sonnenschein ein Lied und der Wecker zeigt sechs Uhr in der Früh. Kurz darauf schlendern Robert (von vitaminberge) und ich entspannt zum reichlich gedeckten Frühstücksbuffet. Denn heute geht es für uns mit Bahnunterstützung auf den Berg.
Alle nach links? Wir gehen rechts!
Am Ausstieg der Hohen Mut Gipfelstation kam dann das erste Mal die Expertise unseres Bergführers Paul zum Tragen. „Schaut, alle Gruppen gehen links, dann gehen wir eben rechts, da haben wir mehr Platz“. Gesagt getan. So machte sich unsere 7 köpfige Gruppe auf zum Rotmoosferner, während sich die anderen Richtung Gaisberggletscher begeben.
Auf dem schmalen Gebirgsweg hinüber zum Gletscher wurden wir von Paul ein bisschen geerdet was unsere Vorstellungen von einem so „kurzen“ Kurstag angehen. Die Zeit reiche bei weitem nicht aus uns die komplette Bandbreite, die ein Hochtourengeher verinnerlicht haben muss beizubringen. Wir können natürlich mal die Steigeisen anziehen aber eigentlich haben wir die ja auch morgen an.
Das saß natürlich erst mal aber es sollte dann doch ganz anders kommen!
Spontaner Kursinhalt
Mit jedem Schritt näher an den eisigen Riesen und weiteren Gesprächen mit Paul wurde langsam klar das wir doch ein „bisschen“ was machen werden. Die Hoffnung auf einen umfangreichen Ausbildungstag stieg so allmählich wieder.
Bevor es auf den Gletscher ging gab es erst mal eine Einweisung in das richtige gehen auf Firn. So stapften wir kurze Zeit später durch den immer weicher werdenden Untergrund einige Höhenmeter hinauf. Herrlich ist es hier. An manchen Stellen hört man das plätschern von kleinen Rinnsalen unter uns im Eis. Der Wind ist zu hören, sonst ist alles ruhig. Ok, ab und an höre ich mich selbst an wie eine Dampflock aber sonst ist es ruhig, total ruhig.
An einem Felsband machen wir eine kurze Rast. Der Bergführer erzählt was die nächsten Schritte sind. Steigeisen an, Gurt an und ins Seil einbinden. Jetzt geht es eine steile Firnflanke hinunter zum Gletscherbecken. Die ersten Schritte nach 15 Jahren Steigeisenabstinenz sind noch etwas ungewohnt aber bald merke ich die spitzen Dinger gar nicht mehr.
Spaltenbergung auf der Hochtour
Im Aufstieg zum Gletscher hatten wir das „Loch“ von oben bereits gesehen. Jetzt wo wir aber näher dran waren, sah der Einriss im Gletscher riesig aus. Auch unser Bergführer fand die Stelle spannend und so wurde es jetzt richtig abenteuerlich.
Ein perfekter Platz zur Spaltenbergung. Freiwillige vor! Als erste wurde Kathi (Bergbambi) am Seil hängend in der Gletscherspalte versenkt. Jetzt ging es für uns darum Sie mittels „loser Rolle“ wieder aus der Spalte zu ziehen. Der T-Anker und die Prusikknoten wurden von Paul fachmännisch aufgebaut. So konnte unser Spaltenopfer etwas nass aber wohlbehalten aus dem Eis befreit werden.
Wir waren früh dran, deshalb wurde ein zweites Opfer gesucht. Diesmal durfte ich mich in die Spalte werfen. Karabiner ans Seil geklickt und mit einem beherzten Sprung baumelte ich dann im (noch) ewigen Eis.
Blöd nur das ich an einer anderen Stelle hinein gesprungen bin. Das machte die Bergung etwas tricki da sich das Seil zwischen zwei Felsbrocken verkeilt hatte und sich ein klein wenig aufrieb. Halb so wild, schließlich konnte auch ich mit vereinten Kräften mittels Flaschenzug gerettet werden.
Nach dieser nervenausreibenden Aktion hatte dann aber niemand mehr groß Lust in die Spalte zu hüpfen. Stattdessen ging es zum Abschluss mit den Steigeisen über blankes Eis in den Schlund unseres „Lochs“. Ein würdiges Finale eines ereignisreichen Tages. Anschließend machten wir uns auf den Rückweg nach Obergurgl, denn die Sauna wollte auch noch besucht werden.
Abendprogramm mit Lerninhalt
Der heutige Abend stand dann im Zeichen des Wetters. Mit mehr oder weniger roten köpfen fanden wir uns vor einer großen Leinwand wieder und lauschten keinem geringeren als Karl Gabl dem Wetterexperten vom Arlberg.
Im Anschluss an den informativen Vortrag fand man sich in gemütlicher Runde an der Bar ein und tauschte die Erlebnisse des Tages aus.
Überschreitung der Liebenerspitze
Tag zwei des Hochtourenkurses sollte das Highlight des Wochenendes werden. Für 3 Gruppen stand der Gipfel und die Überschreitung der Liebenerspitze an, während sich Gruppe 4 den etwas leichteren Rotmooskogel ausgeguckt hatte. Wie bereits am Vortag mussten wir nicht all zu früh aufstehen und konnten den komfortablen Aufstieg mit der Hohen Mut Bahn erneut genießen.
Somit war der Zustieg wieder ein bisschen abgekürzt. Alle Hochtourengeher konnten so bei bester Laune, Sonnenschein und ganz wichtig, mit genug Kraft in den Beinen zum Rotmoosgletscher aufbrechen.
Firnig wirds am Rotmoosgletscher
In anfangs noch moderaten Firngelände schoben wir uns Höhenmeter für Höhenmeter weiter den Gletscher nach oben. Da eine Gruppe etwas voraus geeilt war, zog unser eigenes Tempo automatisch an, was dann auch den Abriss von einigen zur Folge hatte.
Die Serpentinen wurden enger, dass Gelände kurzeitig steiler und der Abstand zu den voraus geeilten tatsächlich verkürzt. Nicht nur mir trieb es den Schweiß auf die Stirn, die Ärmel meiner Jacke waren eh schon lange hochgekrempelt. Zwischendurch machte ich kurz Halt um ein paar Bilder zu schießen. Schön so kurz für sich alleine zu sein und diese nicht alltägliche Umgebung zu genießen.
Ach Bergführer müsste man sein.
Genug geträumt! Nun aber fix wieder zu den anderen aufgeschlossen, schließlich haben wir noch ein bisschen was vor uns. Die 3000 Meter Marke ist mittlerweile erreicht, Knapp 400 Höhenmeter in kombiniertem Gelände fehlen aber noch.
Dort wo Schnee und Eis der Sonne bereits ihren Tribut zollen mussten kam nun teilweise ein recht lockerer, na besser bröseliger Untergrund zum Vorschein. Diesen galt es jetzt nach rechts hinüber auf den Grad zu queren. Schritt für Schritt ging es rüber zu den anderen und auf einmal liegt uns Südtirol zu Füßen.
Am Grad entlang zur Liebenerspitze
Es wird frisch. Der eisige Wind hier oben am Grad lässt auch mich die Ärmel der Jacke wieder runter ziehen.
Vor uns ragt der Gipfelaufbau der Liebenerspitze in die Höhe. Der Tross kommt jetzt wieder in die Gänge. Teilweise im II Grad kraxelnd, bewegen wir uns langsam und bedächtig über die bröckeligen Platten und Felsen. Das Seil an meinem Gurt stört hier eigentlich mehr als das es mir ein Gefühl von Sicherheit gibt. Mal zieht Thomas (mehr berge) vorne, mal ziehe ich zu sehr, der Bewegungsablauf ist so alles andere als flüssig.
Das Gipfelkreuz haben wir nun fest im Blick, queren noch den schroffen Grad hinauf und stehen am höchsten Punkt der Liebenerspitze.
„Berg heil“!
Die Blicke schweifen wieder hinüber nach Südtirol. Marmolata, Schlern, Ortler und Co, sind trotz des diesigen Wetters nicht zu übersehen. Eine fantastische Aussicht, herrlich ist es hier.
Spaltenreicher Abstieg über den Gaisberggletscher
Leider war die Pause auch schon wieder rum. Der Abstieg steht an. Wir lassen den Gipfel hinter uns und gehen auf der anderen Seite weiter dem bröseligen Grad folgend. Es wird noch schmaler, einige hundert Meter geht es links nach Österreich oder rechts nach Italien abwärts. Wir legen die Steigeisen an. Der weitere Verlauf des Grads ist ab hier mit einer weißen Firnschicht überzogen. Jeden Schritt prüfend tasten wir uns weiter, bis wir nach links über eine steile Flanke hinunter auf den Gaisberggletscher hinabsteigen.
Die Seilabstände wurden vergrößert und Paul suchte uns einen spektakulären Weg durch dieses eisige Labyrinth, ganz nah an den großen Gletscherspalten vorbei. Für manch einen ging es sogar, wenn auch nur mit einzelnen Körperteilen und diesmal ungewollt, in kleine Spalten hinein. Im Gegensatz zum Vortag ist der Weg weitaus mehr von blanken Eis durchzogen was heute auch einige Ausrutscher zur Folge hatte. Das zeigte uns aber auch noch einmal eindringlich wie wichtig es ist in solch einem Gelände am Seil zu gehen.
Dem Ende entgegen
Das Gelände wurde flacher. Gurt, Steigeisen, Jacken verschwanden im Rucksack, manch ein Teilnehmer wechselte auf leichte Zustiegsschuhe während sich die anderen bereits ihren Weg durch die Gletschermoräne nach unten ins Tal bahnten. Irgendwann sah man hier und da ein paar bunte Punkte in dem scheinbar endlosen Meer aus Steinen.
Hin und wieder drehe ich mich um fotografiere noch ein bisschen und denke so für mich „das hat auch schon irgendwie ein bisschen was von Patagonien“.
Dann schließe ich zu Dennis und Christoph wieder auf. Einige Minuten später sitzen wir alle versammelt, mit glücklichen Gesichtern beisammen und stoßen auf eine geniale Hochtour in Obergurgl an.
Frühstück auf der Schönwieshütte
Am dritten Tag man mag es kaum glauben, ging es für alle Teilnehmer der Safety Academy so früh wie an keinem anderen Tag los. Roland führte uns in einer knappen einstündigen Wanderung über den Zirbenweg hoch auf die Schönwieshütte. Hier wartete bereits ein prächtig gedecktes Frühstücksbuffet auf uns.
Der würdige Abschluss eines ereignisreichen Wochenendes.
Da sitzt die Rasselbande. Danke an Robert (vitaminberge) der mein Schnarchen aushalten musste. Danke an Dennis (abenteuersüchtig) für die gelungen Trailrunrunde. Danke an Thomas (mehrberge) für die vielen tollen Bilder. Danke an Maggy (youareanadventurestory) für die nete Unterhaltung. Danke an Christoph (travel&trek) für einen neuen Getränkenamen und danke an Erika (ulligunde) für deinen Einsatz rund um das Wochenende. Ich fands klasse mit euch.
Hochtourenwochenende mit Komfort
Tja so schnell können drei Tage in den Bergen auch schon wieder vorbei sein. Schade eigentlich weil, so hätte es gerne noch ein paar Tage weiter gehen können.
Nur für wen ist das Hochtourenwochenende gemacht?
- Wenn du in die Materie reinschnuppern möchtest.
- Du keine Vorkenntnisse vom Bergsteigen hast.
- Komfort für dich wichtig ist.
Für wen ist der Hochtourenkurs nicht so geeignet?
- Wenn du durch die Ausbildung dein können erweitern möchtest.
- Du bereits Erfahrung auf Gletschern gesammelt hast und Sicher im Umgang mit Seil, Steigeisen und Co. bist.
- Falls Du ein Hüttenromantiker bist und dir das Bettenlager lieber als die eigene Matratze ist.
Wer einen Kurs sucht um sich weiterzubilden wird wohl eher enttäuscht werden und ist beim Alpenverein oder den Naturfreunden besser aufgehoben. Klar ist die Hochtour auf die Liebenerspitze auch für erfahrene Alpinisten eine tolle Geschichte aber die würde man dann eher in einer kleineren Seilschaft angehen.
Ihr seht es schon die Safety Academy in Obergurgl ist ganz klar an Anfänger gerichtet. Für den überragenden Preis von gerade einmal 316 Euro bekommt ihr nicht nur die Bergführer, Hotel mit allem was dazu gehört, sondern obendrauf auch noch einen Rucksack von ORTOVOX im Wert von 120 Euro geschenkt.
Das man nach diesem Hochtourenwochenende nicht so ausgebildet ist um alleine auf den Gletschern dieser Welt rum zu turnen dürfte jedem klar sein. Dafür ist es aber auch nicht gedacht.
Der Kontakt mit der Gletscherlandschaft ist vielmehr ein Einstieg in die Welt der Hochtouren und genau das hat wieder richtig Spaß gemacht.
So das soll es dann nun auch vom Hochtourenwochenende in Obergurgl gewesen sein.
Ich gönne mir jetzt noch ein Schlummifix* und wünsche euch schon mal gute Nacht.
* [letzte Gerstenkaltschorle vor dem ins Bett gehen]
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